Mit unserem Rundbrief möchten wir Sie Anteil nehmen lassen an dem, was uns beschäftigt und was wir vorangebracht haben. Wir wollen auch an Veranstaltungen erinnern, in denen wir uns begegnet sind oder an denen Sie aus der Ferne Anteil genommen haben. Es war ein reich gefülltes Jahr.
Wir wissen, dass wir nicht alles geschafft haben, was wir uns vorgenommen hatten. Wenn wir auf Fragen nicht reagiert haben, wenn wir Sie lange warten ließen, bitte ich Sie um Nachsicht, Manchmal hilft uns dann eine kurze Nachfrage, eine Erinnerung.

Herzlich danken wir Ihnen für die Verbundenheit mit unserem Verein. Wir haben auch in diesem Jahr auf vielfältige Weise Ihre Unterstützung und Anteilnahme an unserer Arbeit erfahren. Viele Mitglieder und Freunde haben unsere Arbeit mit Spenden unterstützt. Dafür danke ich Ihnen sehr herzlich, auch im Namen des Vorstands! Nur durch Ihre Mithilfe waren wir in der Lage, unsere Veranstaltungen durchzuführen, die würdigen Formen des Gedenkens beizubehalten, die Archivierung unserer Unterlagen vorzunehmen, die Arbeit in unserer Geschäftsstelle weiterzuführen, also überhaupt weiter zu machen. Danke! Eine Spendenbescheinigung werden wir Ihnen im Januar zuschicken.

Ein wichtiger Bereich unserer Arbeit ist es nach wie vor, Anfragen zu bearbeiten. Noch immer werden von vielen Menschen Angehörige gesucht. Wir freuen uns ganz besonders, wenn wir so Auskunft geben können, dass jemand Klarheit über das Schicksal eines Angehörigen gewinnt. Oft wird dann Ketschendorf für die Angehörigen zum Ort des Gedenkens, werden die Gräber auf dem Waldfriedhof Halbe zum Ort der stillen Trauer. Für die Bearbeitung von Suchanfragen hat sich das im vergangenen Jahr herausgegebene Totenbuch Ketschendorf mit den 4.722 Namen der Opfer als Hilfe bewährt. Dr. Andreas Weigelt hat die Recherche zu den Namen und Daten mit großer Sorgfalt durchgeführt. So konnten wir im Buch etwa 100 Namen mehr aufnehmen als wir bisher unseren Unterlagen entnehmen konnten. Trotzdem sind einige Eintragungen unvollständig. Ergänzungen oder auch Korrekturen nehmen wir gern entgegen.

Fast vollständig abgeschlossen ist die Archivierung unserer gesamten Unterlagen. Sie sind mit den Briefen, Berichten, Bildern, Zeitungsausschnitten und anderen Materialien ein wertvoller Schatz Durch sie erfahren wir mehr über die Geschichte des Lagers und vom Schicksal von Internierten. Wir sind dankbar für alle Informationen, Dokumente, Fotos und Materialien, die wir in unser Archiv aufnehmen können. Sie sind oft wichtige Beiträge, um dieses Kapitel ostdeutscher Geschichte deutlicher darzustellen. Da es in der SBZ und in der DDR bis 1990 die Internierungslager und ihre Opfer in der öffentlichen Wahrnehmung und Darstellung nicht gab, sind durch das verordnete Schweigen leider viele Dokumente und Erinnerungen verloren gegangen.

Gedenken auf dem Waldfriedhof in Halbe

Zweimal haben wir in diesem Jahr der Toten des Internierungslagers in Halbe gedacht. Die Vorbereitung geschieht immer in engem Kontakt mit dem Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge, Landesverband Brandenburg. Am 29. April hatte der Volksbund zum Gedenken nach Halbe geladen. Er hat den  70. Jahrestag des Endes des 2. Weltkrieges zum Anlass genommen, an die grauenhaften Kämpfe der Kesselschlacht von Halbe zu erinnern und der Opfer zu gedenken. Die Feier begann mit einem Gottesdienst, gehalten von Bischof Markus Dröge (Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz) und Bischof Wolfgang Ipolt (Bistum Görlitz). Bundesminister Dr. Frank-Walter Steinmeier hielt die vielbeachtete Gedenkrede.

Am Schluss wurden 120 Kriegstote, deren kleine Särge mit einer Rose geschmückt waren, von Soldaten der Bundeswehr eingebettet.  Wir als Vertreter der Initiativgruppe versammelten uns danach zum stillen Gedenken  am Gedenkstein für die Toten von Ketschendorf.

Im November fand unser Gedenken in diesem Jahr am Sonnabend vor dem Volkstrauertag und direkt am Volkstrauertag statt. Am Sonnabend war die zentrale Veranstaltung des Landesverbandes des Volksbundes Brandenburg in Fürstenwalde, an der Vertreter unseres Vereins teilgenommen haben. Zuvor hatten wir in einer gut besuchten Feier in unserer Gedenkstätte der Toten gedacht. Die Veranstaltung am Volkstrauertag in Halbe wurde organisiert vom Landkreis,  der Gemeinde Halbe und der Kirchengemeinde. Wir nahmen teil am Gottesdienst in der Halber Kirche. Nach dem Gottesdienst fand bei nasskaltem Wetter die Kranzniederlegung am zentralen Denkmal statt. Danach gedachte unsere kleine Gruppe am Gedenkstein und an den Gräbern der Ketschendorfer Toten. Wir legten am Gedenkstein ein Blumengebinde nieder und auf jede Namenstafel eine weiße Rose.

26. Gedenkveranstaltung am 9. Mai 2015

2015 ist ein mit Gedenkdaten der jüngeren deutschen Geschichte reich gefülltes Jahr:

  • Vor 70 Jahren fand der 2. Weltkrieg endlich ein Ende
  •  Vor 25 Jahren wurde das getrennte Deutschland wieder vereinigt

Die Daten gehörten mit zu dem geschichtlichen Rahmen, in dem unsere 26. Gedenkveranstaltung stattfand. Verbunden war für uns mit diesem Datum auch die Erinnerung daran, dass vor  70 Jahren im April 1945 aus der Arbeitersiedlung der Deutschen Kabelwerke das sowjetische Internierungslager / Speziallager Nr. 5 wurde und dass wir vor 25 Jahren am 8. Mai 1990 die erste Gedenkveranstaltung begingen. Vor 25 Jahren wurde nach den Jahrzehnten des verordneten Schweigens die Erinnerung an das Lager Ketschendorf und seine Opfer erstmalig öffentlich begangen. Die Erinnerung an diese Ereignisse gehörte zu vielen Beiträgen bei unserer Gedenkveranstaltung. Ich will das nur andeuten, nicht weiter ausführen. Erinnern will ich aber noch einmal daran, dass 1989/90 Überlebende des Lagers Ketschendorf an den in Fürstenwalde tagenden Runden Tisch den Antrag stellten, am
8. Mai eine öffentliche Gedenkveranstaltung durchzuführen. In ihrer Erklärung für den Runden Tisch schrieben sie:

Wir möchten … auf dem Gelände des ehem. Lagers … eine würdige Feier zu Ehren aller Opfer dieses Lagers veranstalten – still und ohne politische Ausrichtung.

Nach kontroverser Diskussion und durch den mutigen Einsatz von Waltraut Marschhausen und Erika Schulz, unterstützt von mir als Mitglied des Runden Tisches, wurde dem Antrag schließlich zugestimmt. So fand schon am 8. Mai 1990 eine sehr bewegende Gedenkveranstaltung statt unter Beteiligung  von mehr als 2000 Menschen.  Ich habe noch einmal daran erinnert, weil wir allen aktiven Frauen und Männern der ersten Stunde bleibend zu großem Dank verpflichtet sind.

Die 26. Gedenkveranstaltung begann mit einem gut besuchten ökumenischen Gottes-dienst in der Martin-Luther-Kirche, den Pfarrer Carl-Christian Brockhaus leitete. Die Predigt hielt Generalsuperintendent Martin Herche aus Görlitz und der Chor der Martin-Luther-Gemeinde unter der Leitung von Alex Ilenko gestaltete ihn musikalisch. Für unsere Arbeit ist es sehr gut, dass wir so eng mit der Kirchengemeinde verbunden sind.

Vor dem Gottesdienst hatten wir uns mit der Kirchengemeinde verständigt, dass die Sammlung am Schluss des Gottesdienstes in diesem Jahr wegen des schweren Erdbebens in Nepal für die Katastrophenhilfe in diesem Land bestimmt sein soll. Sie erbrachte 546,00 Euro.

In der Gedenkstätte begann die Feierstunde mit dem Niederlegen von Blumengebinden und Kränzen. Dabei wurde deutlich, wie gut die Arbeit der Initiativgruppe in das öffentliche Leben von Stadt, Kreis und Land eingebunden und mit Opferverbänden vernetzt ist. Nach den Grußworten von Vertretern der Stadt, des Landkreises und der Evangelischen Kirche sprach Herr Rudolf Zeeb, Chef der Staatskanzlei des Landes Brandenburg, Worte der Würdigung und des Gedenkens.

Im Vorstand haben wir schon gelegentlich darüber nachgedacht, ob eine andere Gestaltung der Erinnerung und des Gedenkens der Situation und der Sache angemessener sind, bisher ohne Ergebnis. Für Vorschläge und Ideen oder Zustimmung zur bisherigen Form sind wir dankbar.

Zum Schluss will ich noch eine Information anfügen, die die Wertschätzung der Arbeit unseres Vereins in der Stadt Fürstenwalde und mich betrifft. Dazu zitiere ich aus dem Stacheldraht Nr. 5/2015 aus dem Beitrag von Christa Breschke:

Am 20. Mai dieses Jahres wurde Eckhard Fichtmüller, Superintendent i.R. und Vorsitzender der Initiativgruppe Internierungslager Ketschendorf / Speziallager Nr., 5 e.V., die Ehrenbürgerschaft der Stadt Fürstenwalde verliehen. Geehrt wurden damit insbesondere seine Verdienste um die historische Aufarbeitung der Geschichte des Internierungslagers Ketschendorf sowie die Etablierung der Erinnerung an dieses dunkle Kapitel deutscher Geschichte.